Mein Vorbesitzer war ein Pfuscher

Viele Oldtimer – Liebhaber hätten Ihr Schmuckstück am liebsten direkt aus der Fabrik. Daß mit Ihrem Augenstern zuvor bereits andere Hände umgegangen sind, ist Ihnen ein Graus. Daß diese Hände das Auto nicht mit der gleichen Sorgfalt behandelt haben könnten, treibt ihnen den Schweiss auf die Stirn.

Vielleicht etwas übertrieben – aber viele Oldtimerliebhaber sehen ihr Gefährt nur aus ihrem jetzigen Liebhaberblickwinkel und urteilen verächtlich über die Spuren, welche die vorherigen Besitzer hinterließen. Dabei sollten sie jedem von ihnen zutiefst dankbar sein, denn die Vorbesitzer haben das Auto über schwierige Jahre gerettet um es zum Oldtimer reifen zu lassen. Sie haben es als Neuwagen verantwortungsvoll bewegt; sie haben als Gebrauchtwagen bereits mehr als wirtschaftlich vertretbar hineingesteckt; und als Uraltgebrauchtwagen sich manchmal mit Behelfsreparaturen beholfen. Jeder der sich über Flickwerk an seinem Klassiker ärgert, sollte sich überlegen, ob er heute z.B. für seinen stark gebrauchten Alltagswagen eine Meisterlackierung springen lassen würde? Wohl kaum!
In seinem Perfektionsanspruch hätte er das Auto längst verschrottet.

Daher möchte ich für alle Vorbesitzer eine Lanze brechen und die heutigen Liebhaber auffordern, deren Basteleien als liebenswerte Rettungsversuche anstatt als Frevel an zu sehen. Wären alle Autofahrer Perfektionisten, gebe es (fast) keine Oldtimer.

Früher zeigten die R4 Exemplare die Spuren Ihres Lebens mehr oder minder deutlich. Der R4 steht jetzt erst an der Schwelle zum Oldtimer. Perfekt hergerichtete Exemplare sind noch die absolute Ausnahme. Glänzende Blender mit mehr oder weniger üblem Pfusch unter frischer Verkaufslackierung sind häufiger, da sich aufgrund des gestiegenen Wertes der Eine oder Andere einen guten Gewinn einstreichen will. Auch die übelsten Bastelbuden werden zwischenzeitlich hergerichtet.

Nicht alle über die Jahre vorangegangenen Arbeiten erfüllen die Anspruch von Perfektionisten


Daher sollte sich beim Kauf nicht vom Glanz blenden lassen und sich schon die Mühe machen und vor allem von Unten den Zustand und die Qualität der Arbeiten beurteilen und sich vom ganzen Auto ein Bild machen. – Und danach für sich entscheiden und zu den Vorarbeiten ehrfurchtsvoll für immer schweigen…